Kritik: "Die Schöne und das Biest" (2017)
Ich hatte mich einige Wochen lang auf die Neuerscheinung von Die Schöne und das Biest (2017) gefreut. Was ich toll fand und was mir missfiel, darüber spreche ich in dieser Kritik.
Vorweg: Wer den Film noch nicht gesehen hat, sollte nicht weiterlesen.
Ich gehöre nicht zu den Hardcore- Fans, die den Disney- Animationsfilm von 1991 komplett auswendig kennen, habe diesen aber öfter gesehen, sowie auch andere Verfilmungen der Geschichte. Im Vorfeld wusste ich natürlich um den Wirbel aufgrund des schwulen Charakters und die Rekordsummen, die der Film bereits am ersten Spielwochenende einnahm. Die Schöne und das Biest habe ich in 3D im Kino gesehen.
Das erste was mir negativ ins Auge stach, war das wirklich auffällige Ghosting. Die eigentliche Story beginnt mit Belle, gespielt von Emma Watson, die aus ihrem Haus tritt und das Lied Unsere Stadt zum Besten gibt. Hier ist mir als nächstes die seltsame Lippensynchronisation aufgefallen, die einfach unprofessionell wirkt. Nach dem Lied passt die Synchronisation dann wieder und ich konnte mich langsam auf die Geschichte einlassen.
Nachfolgend gehe ich auf weitere einzelne Punkte ein.
3D- Effekte
Wie bereits erwähnt, war der Film von Ghosting durchzogen, was den Spaß etwas getrübt hat. Doppelkonturen sind sowohl im Vorder- als auch im Hintergrund deutlich sichtbar und werfen die Frage auf, ob Die Schöne und das Biest lediglich in 3D konvertiert wurde. In einem Film der 2015 gedreht und 2017 veröffentlicht wird, darf das nicht passieren.Als Pop- outs konnte ich lediglich die Rose in der Anfangssequenz, der vom Biest geworfene Schneeball relativ in der Mitte und einige fliegende Gegenstände beim Kampf im Schloss gegen Ende ausmachen. Die räumliche Tiefe ist stets vorhanden.
Stimmen und Lieder
Viele Szenen gleichen bewusst dem Zeichentrickfilm, was vor allem Fans erfreuen dürfte. Irritiert haben mich die vielen Lieder, die gefühlt alle fünf Minuten erklingen- es ist eben ein Märchenfilm und da es in der Version aus 1991 auch der Fall ist, ist es okay. Bei solchen Liedern habe ich oft Probleme, die Singstimmen zu verstehen. Das war auch bei Die Schöne und das Biest (2017) der Fall. Belle´s Lieder waren klar und deutlich, auch Madame Pottine´s konnte ich gut verstehen, doch die anderen Songs waren teilweise unverständlich. Kritik äußerten viele Zuschauer an der Darstellung von Madame de la Grande Bouche, welche in einen Kleiderschrank verwandelt wurde. Zugegeben, auch ich fand ihn ein wenig nervig, was aber an der für mich unverständlichen Stimme lag, die ich auch während der Gesangseinlagen nicht richtig verstand.Gewünscht hätte ich mir Rita Engelmann als Stimme Madame Pottine´s, die sich allerdings mit ihrer Synchrontätigkeit zur Ruhe gesetzt und daher auch als Mrs. Puff bei Spongebob Schwammkopf aufgehört hat. Sie hätte perfekt gepasst, aber auch Marina Köhler´s Performance ging in Ordnung.
Emma Watson´s Darstellung der Hauptfigur hat mich begeistert. Ihre deutsche Synchronstimme, Gabrielle Pietermann, ist ebenso erwachsen geworden, wie die Schauspielerin. Man muss schon genau hinhören, damit man ihre im Gegensatz zu Harry Potter veränderte Stimme erkennt. Im Vergleich zum Zeichentrickfilm wirkt die reale Belle allerdings etwas blass.
Die Stimme des Biestes wurde im Synchronstudio verzehrt und wurde in einer Rezension als Darth Vader bezeichnet. Der Vergleich kann tatsächlich gezogen werden, jedoch ist die Stimmfarbe des Biestes immer noch heller. Ein wenig mehr Natürlichkeit wäre sicher noch drin gewesen.
Es ist eine Sache des Alters
Erschrocken hat mich ein wenig der Altersunterschied zwischen Gaston und Belle, am Ende auch zwischen ihr und dem Biest. Luke Evans als Gaston ist gerade einmal elf Jahre älter als Emma Watson, sieht aber- auch wegen der Bartstoppeln- im Gegensatz zu Belle ziemlich alt aus.Aber auch Dan Stevens als Biest, der nur neun Jahre älter als sie ist, wirkt am Schluss, nach der Verwandlung, mit den langen Haaren deutlich älter. Hier hätte man vielleicht mehr auf eine äußerliche Gemeinsamkeit achten sollen. Das Biest und Belle harmonieren dennoch miteinander.
Humor
Die Animationen von Lumiére und von von Unruh waren gelungen, deren Einsätze wie erwartet humoristisch. Die komödiantischen Einlagen waren durch sämtliche zu Gegenständen gewordenen Dingen- wie der Garderobe, dem bellenden Schemel und Nebenrollen wie LeFou- gesichert. In Sachen Humor hat mir auch der Kleiderschrank gut gefallen.Immer wieder werden düstere Handlungstränge durch ein wenig Humor aufgelockert, damit Die Schöne und das Biest (2017) eben auch als Familienfilm funktioniert. Die lustigen Stellen wirken nicht abgedroschen und passen perfekt.
Tiere
Hier muss ich deutliche Kritik üben. Das Biest wurde am PC digitalisiert und animiert. Daneben sind in vielen Szenen echte Tiere, wie Pferde, ein Hund und Hühner zu sehen. Diese hätte man auch an der ein oder anderen Stelle animieren können. Pferde müssen beispielsweise rennen und Kutschen ziehen. Ein Esel muss sogar im Kreis laufen, um Belle´s Wäsche zu waschen (wir kennen das von der Kirmes...)! Bisher sind noch keine Missstände beim Dreh bezüglich Tierquälereien publik geworden, dennoch hätte ich mir weniger realen Einsatz gewünscht.Das Biest
hat im Vergleich zur Disney- Version von 1991 und den zahlreichen anderen Verfilmungen ziemlich große Hörner bekommen. Assoziierte man das Biest zuvor als eine Art Löwen, kann man jetzt nicht genau sagen, was das Biest sein soll. Sicherlich war das von den Machern so gewollt, um zumindest ein wenig Neuerung in den Film zu bekommen. Die Animationen wirken größtenteils sehr real, was vor allem beim Fell und dem Gesicht auffällt. Als das Biest durch den Kampf mit einem Wolf verwundet ist und mit freiem Oberkörper im Bett liegt, wurde mit der Muskelmasse allerdings übertrieben, was am Ende, als das Biest zum Prinz wird, auch deutlich auffällt.Beim gemeinsamem Tanz, der sich glücklicherweise sehr dicht am Original hält, sind mir Größenunterschiede zwischen Belle und ihrem Biest aufgefallen. In Frontaufnahmen ragt Belle´s Kopf bis zu den Schultern des verwunschenen Prinzen, in der Vogelperspektive scheint das Biest deutlich größer.
Sorgen machte ich mir aufgrund der oftmals düsteren Darstellung und ob Kinder dies verarbeiten würden. Da ich deren Reaktionen im Kino mitbekam, kann ich sagen, dass viele Kinder hin und wieder über das Biest lachen konnten, daneben hielten sich einige bedeckt. Die realistische Darstellung kann durchaus für Albträume sorgen und sollte daher keinen ganz kleinen Kindern mit sensiblem Gemüt zugemutet werden.
Gaston
ist der Dorfschönling und der Gegenspieler des Biestes. Seine altersmäßige Wirkung habe ich bereits angesprochen, er spielt seine Rolle jedoch perfekt. Seine rechte Hand, LeFou, versucht hin und wieder, ihn auf den Boden zurückzuholen und stellt sich am Ende natürlich gegen ihn. Mit der Darstellung des extrovertierten und selbstverliebten Machos war ich zufrieden, bis der Mob ins Schloss eindrang. Süß fand ich, wie die kleinen und wenigen verwunschenen Gegenstände versuchten, den Mob des ganzen Dorfes- inklusive Mistgabeln und Fackeln- aufzuhalten. Gaston rennt das Schloss hinauf und kämpft mit dem Biest. Fand ich bis an dieser Stelle noch, dass der Film ein wenig mehr Spannung vertragen könnte, war es mir hier eindeutig zu viel. Gaston schießt- treffsicher- ganze drei Mal auf das Biest, was einfach ziemlich brutal ist. Da hilft es auch nicht, dass er das Schloss hinabfällt. Der dritte Schuss war definitiv zu viel.LeFou und die schwule Propaganda
Es war so ein hausgemachter Unsinn und ziemlich asozial, was sich Russland im Vorfeld wieder geleistet hat: das stark konservative und LGBT- feindliche Land gab Die Schöne und das Biest tatsächlich ab 16 Jahren frei. Aber nicht wegen der Darstellung des Biestes, sondern wegen angeblicher schwuler Propaganda! In Malaysia sollte er gleich ganz verboten werden.LeFou ging durch die Medien, als erster offiziell schwuler Protagonist in einem Disney- Film. Ich brauche nicht zu erwähnen, dass der gesamte Film eine reine Hetero- Geschichte ist. Angeblich sollte LeFou in Gaston verliebt sein, was sich mir nicht so erschlossen hat. Weder macht er sich offensichtlich an ihn heran, noch gibt es eine Szene, die dies verdeutlichen würde. LeFou benimmt sich eben wie ein typischer Disney- Charakter.
Einzig gegen Ende, als drei unansehnliche Männer vom Kleiderschrank in drei hübsche, leichte Damen verwandelt werden, wurde mir klar, wer da mit LeFou tanzen wird. LeFou tanzt sogar die Mehrheit mit einer Frau, bis ihm der- nun ordentlich zurechtgemachte- Mann in die Arme fällt und beide miteinander den Balltanz wagen. Dies wird lediglich eingeblendet, also ist keine drei Sekunden sichtbar.
Immerhin hat Russland´s asoziales Verhalten dem Film, der keinesfalls wirklichen Fokus auf Homosexualität legt, viel Publicity beschert.
Übrigens: die Kinder waren nach dem Kinobesuch nicht verstört und für ihr Leben geschädigt- zumindest nicht wegen LeFou.
Fazit
Ein gutgemachter und ja, auch schöner Film, der mit der ganzen Familie angesehen werden kann, wenn die Kinder nicht zu klein sind und vielleicht schon eine andere Realverfilmung des Stoffes gesehen haben.Da sich die deutschen Liedtexte größtenteils an die bekannten Übersetzungen von 1991 halten, war es wohl nicht möglich, eine genauere Synchronisation zu produzieren. Wer darüber hinwegsehen kann, wird seinen Spaß am Film haben.
Bei den Liedern haben mir besonders Gaston und Sei hier Gast gefallen.
Negativ ins Gewicht fallen die Doppelkonturen während des gesamten Filmes und der häufige Einsatz von echten Tieren. Hier hätte man besser nacharbeiten und auf Animationen setzen sollen.
Den Film habe ich trotz der kritischen Punkte überwiegend positiv aufgenommen, weshalb ich ihn empfehlen kann!
Weiterführende Informationen
Wikipedia.org- Die Schöne und das Biest (2017)
DerWesten.de- Sittenwächter werten Film als Schwulen-Propaganda
faz.de- "Die Schöne und das Biest" brechen Rekorde
kath.net- Anglikanischer Bischof: Vorsicht bei "Die Schöne und das Biest"
Kino.de- So reagiert Disney auf Verbot von "Die Schöne und das Biest"
Lese auch meine Filmkritik zu Es (2017) und Halloween (2018)!