Halloween- Special 2018: Kritik zu "Halloween" (2018)


Eigentlich sollte es mit dem zweiten Teil von Streifzug durch die Stadt weitergehen, jedoch möchte ich mit diesem Halloween- Special 2018 eine Kritik zum gleichnamigen Film vorstellen. Der Streifzug muss noch einige Tage warten, denn nun geht es passend zum Veröffentlichungsdatum dieses Artikels um Halloween!

Warnung: Wer Halloween noch nicht im Kino gesehen hat, sollte nicht weiterlesen, da ich gleich explizit auf die Handlung eingehen werde.
Eigentlich wollte ich keine Kritik zu Halloween schreiben, da der 2018er einen anderen Weg wie seine Vorgänger geht, von denen beispielsweise Halloween 6- Der Fluch des Michael Myers, Halloween H20 und Halloween Resurrection ebenfalls andere Richtungen einschlugen. Während des Anschauens im Kino entschied ich mich allerdings doch für eine Kritik, weil ich den Film einfach als gelungen bezeichnen kann.
Aber um was geht es eigentlich genau?

Die Story

Halloween (2018) setzt nach dem ersten Teil Halloween (1978) an, also genau vierzig Jahre später. Am Ende des Originalfilms feuerte Dr. Loomis (hervorragend gespielt von Donald Pleasence) mit seinem Revolver mehrere Male auf Michael Myers, der gerade die Babysitterin Laurie Strode töten wollte. Michael fiel über einen Balkon und landete im Garten, doch als sein Psychiater genauer hinsah, war der schwarze Mann plötzlich verschwunden. Halloween (2018) setzt nun vier Jahrzehnte später an und wird mit dieser Entscheidung sicher einigen Unmut auf sich ziehen, da die Ereignisse aus Halloween 2, Halloween 4 und 5 sowie der nachfolgenden Teile alle revidiert werden. So bleibt im neuen Film offen, ob Laurie Strode wirklich Michael Myers´ Schwester ist, wurde dies ja erst im zweiten Teil von 1981 ausgesprochen. Einige Male wird zwar darauf hingewiesen, allerdings sagten die Macher, dass Laurie nicht mehr mit dem Serienmörder verwandt sein wird.
Der Film beginnt damit, dass zwei Journalisten, Dana und Aaron, Smith´s Grove aufsuchen, jene Heilanstalt, in der Michael seit vierzig Jahren lebt- ohne große Regungen zu zeigen und ohne je ein Wort gesprochen zu haben. Sie wollen ein Interview mit ihm, bevor er in eine andere Nervenheilanstalt überführt wird. Das etwas Unheilvolles passieren wird, merkt man spätestens dann, wenn Journalist Aaron Korey die von der Staatsanwaltschaft ausgeliehene Maske des Mörders aus seiner Tasche packt und in Michael´s Richtung hält, woraufhin andere psychisch Kranke und der Hund eines Wärters durchdrehen. Von da an nimmt die Geschichte ihren Lauf...

Donald Pleasence fehlt

Als Fan der Halloween- Reihe war ich vor allem darauf gespannt, wie mit der Rolle des Dr. Loomis umgegangen wird, da Donald Pleasence leider 1995 verstorben ist. Das Gute zuerst: er wurde nicht von einem anderen Schauspieler ersetzt, was sicher daneben gegangen wäre. Die Macher planten zwar, das Ende des Originalfilms mit einem Double und einem Stimmenimitator neu zu drehen, jedoch beließen sie es auf Wunsch von John Carpenter, dem Regisseur des ersten Teils, dabei. Wie diese Szenen wohl ausgesehen hätten? Sie klingen auf jeden Fall spannend!
Donald Pleasence fehlt einfach, dafür wurde seine Stimme aber dennoch imitiert: in einer Szene hört man Tonbandaufnahmen, in denen er vorschlägt, Michael Myers umzubringen. Während des Films erfährt man, dass Dr. Loomis verstorben ist (ein genauer Zeitpunkt wird nicht genannt), weshalb ein neuer Arzt, Dr. Ranbin Sartain, in Erscheinung tritt, der bei Loomis studiert hatte. Dieser nimmt dessen Rolle ein wenig ein, ist von dem Bösen in seinem Patienten fasziniert und möchte mehr über die Hintergründe erfahren, weshalb er seine Mutter und seine Schwester im Alter von sechs Jahren kaltblütig ermordet hat. Ähnlich wie Michael´s einstiger Arzt arbeitet Dr. Sartain (von Laurie liebevoll der neue Loomis genannt) ebenfalls gegen die Polizei und geht seinen eigenen Weg, wenn auch am Ende heraus kommt, dass er statt als Psychiater als Patient in seiner eigenen Nervenheilanstalt besser aufgehoben wäre...

Star der ersten Stunde: Jamie Lee Curtis

Ein weiterer Grund, Halloween zu sehen, war für mich Jamie Lee Curtis´ Rückkehr, die trotz zahlreicherer anderer Projekte- z.b. spielte sie im Thriller True Lies an der Seite von Arnold Schwarzenegger oder in der Weihnachtskomödie Verrückte Weihnachten und veröffentlicht nebenbei erfolgreich Kinderbücher- doch irgendwie immer mit Halloween in Verbindung gebracht wird. Im neuen Teil sieht sie zwar deutlich älter aus und ihre Rolle wirkt auch psychisch angeschlagen, jedoch wird spätestens ab der Filmmitte klar, dass weder Laurie Strode, noch Jamie Lee Curtis zum alten Eisen gehören. Schön ist es, dass sie von ihrer deutschen Stammsprecherin Karin Buchholz synchronisiert wird. Im Gegensatz zu Halloween H20, wo sie als Schuldirektorin arbeitete und einen Sohn hatte, hat sie nun eine Tochter (die passenderweise Karen heißt- wahrscheinlich eine Anleihe zu Kara aus Halloween 6) und eine Enkelin. Zu beiden hat Laurie anfangs keinen Kontakt, weil Karen ihre Mutter für übertrieben und verrückt hält, warnt diese doch stets vor dem schwarzen Mann. Doch spätestens als Laurie mit der Polizei vor der Tür ihrer Tochter und ihres Schwiegersohnes steht, beginnt die junge Familie, ihr Glauben zu schenken...

Unter der Maske: das pure Böse

Michael Myers, der wie im ersten Teil von Nick Castle verkörpert wird, dagegen hat sich verändert, denn es dauert lange, bis man ihn mit seiner Maske sieht. Zuvor erkennt man einen deutlich gealterten Mann (welcher ironischerweise Donald Pleasence in seinem letzten Halloween- Film ähnelt), der glücklicherweise stets von hinten, von der Seite oder unscharf frontal gezeigt wird. Diese Entscheidung finde ich gut, denn das Gesicht unter der Maske sollte verborgen bleiben. Michael bewegt sich noch immer langsam, rennt seinen Opfern nicht hinterher und tötet bei seiner Flucht aus dem Anstaltsbus sogar einen kleinen Jungen im Auto. Etwas seltsam erscheint es jedoch, dass seine Maske mitgealtert ist, obwohl sie bis Korey´s Recherchen in der Asservatenkammer lag. Ihr Design orientiert sich an den Vorgängern, nimmt aber auch Bezug zu Rob Zombie´s unsäglichen Neuverfilmungen. Anders, als in anderen Teilen, wird besonders in der Halsregion mehrfach sichtbar, dass es sich um eine Maske handelt. Früher wurde mehr auf einen passenden Übergang zur Kleidung geachtet, was ich besser fand.

Was macht Halloween so anders?

Halloween greift nicht nur das Original auf (alleine das gleichgehaltene Intro spricht Bände und der von verschrumpelt zu frisch werdende Kürbis symbolisiert die Neubelebung der Reihe), sondern zitiert auch immer wieder Szenen oder ganze Bildeinstellungen aus den zahlreichen Fortsetzungen. Beispielsweise sitzt Laurie´s Enkelin Allyson in einem Klassenzimmer, wie es auch ihre Oma einst tat, die damals aus dem Fenster blickte und Michael Myers auf der anderen Straßenseite erkannte. Sie sieht nun Laurie, die vor der Schule auf sie Acht gibt. Auf einer Tankstellentoilette werden die Journalisten ermordet, wobei die Spannung mit den beinahe gleichen Einstellungen wie beispielsweise aus Halloween 6 aufrecht erhalten wird. Zum Ende hin stürzt gar Laurie von einem kleinen Balkon, von dem Myers sie schubst, ehe er nachsieht und ebenfalls eine leere Wiese vorfindet.
Gelungen finde ich den Mix, der ältere sowie jüngere Zuschauer auf seine Kosten kommen lässt. So sieht man Allyson mit zwei Freunden durch Haddonfield laufen, ähnlich wie vier Jahrzehnte zuvor Laurie mit ihren beiden Freundinnen durch die für das heidnische Fest geschmückten Straßen schlenderte. Zwischen den rezitierten Momenten des Originals und der Fortsetzungen werden für das jüngere Publikum hin und wieder modernere Szenen eingestreut, beispielsweise eine Halloween- Party. In einer Einstellung in Karen´s Haus werden mit einem herumstehenden Multivitaminpräparat sogar die Gesundheitsfanatiker des neuen Jahrtausends auf´s Korn genommen.

Halloween lebte schon immer von der Atmosphäre, die auch im neuen Teil als gelungen bezeichnet werden kann, wenn sie auch nicht ganz so beklemmend wie in den Vorgängern wirkt. Die Musik, die unter anderem von John Carpenter beigesteuert wurde, greift ältere Musikstücke ebenso gekonnt auf, wie sie neue Töne einführt. Hier hätte ich mir jedoch etwas mehr Musik gewünscht, da einige Szenen lange ohne auskommen und ein, zwei Stellen noch etwas von dem Originalscore vertragen hätten.
Fun Facts gibt´s auch, so steht in Laurie´s Schlafzimmer ein Puppenhaus, welches jenes Haus darstellt, in welches Laurie sich 1978 schreiend geflüchtet hatte. Eine Nachbildung des Hauses gibt es aber nicht zu sehen, dafür eine kurze Einblendung des Originalfilms, als Michael Judith Myers ermordet, deren Grabstein man auch kurz einblendet. In den Medien geisterte die Meldung umher, dass es im Film viel nackte Haut und Sex zu sehen geben würde, das war jedoch maßlos übertrieben.

Gewalt

Anders sieht das bei den blutigen Szenen aus, denn Halloween ist ziemlich brutal. Selten hat Michael Myers so oft (und scheinbar wahllos) gemordet, wie in Halloween (2018). Mit Sicherheit hätte die FSK den Film erst ab 18 Jahren freigegeben, wenn er Anfang der 2000er Jahre erschienen wäre. Da die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft aber seit Jahren schon eher lasch und kritikwürdig bewertet, hat es der Film in Deutschland zu einer Freigabe ab 16 geschafft.
Einige brutale Szenen sind u.a. Dr. Sartain´s Tod, dessen Kopf von seinem Patienten zu Matsch zertreten wird, das Aufspießen von Allyson´s betrunkenem Mitschüler am Kinn am Gartenzaun seines Nachbarn und die angesprochene Ermordung eines kleinen Jungen. Das ist ein Novum für die Reihe, da ein Kindsmord zuvor nie gezeigt wurde. Als er in Haddonfield eintrifft und einige Menschen in ihren Häusern umbringt (wieder einige Anspielungen auf vergangene Filme), verschont er allerdings ein weinendes Baby. Die Motivation seiner Morde wird an dieser Stelle nicht ganz klar.
Wer Wert auf Gewaltdarstellungen legt, wird in Halloween aber an einigen Stellen auf seine Kosten kommen.

Kritik

Überwiegend weiß Halloween zu überzeugen, doch an vereinzelten Stellen werden Längen bemerkbar, was bei Filmen, die einhundert Minuten oder länger andauern, nicht unüblich ist. Schade empfinde ich es auch, dass sehr wenig mit einer Steadycam gearbeitet wurde, die den Zuschauern die Geschehnisse durch Michael´s Augen zeigt. Das war das Markenzeichen des Originals und setzte ein Statement, welches zahlreiche andere Filme später übernahmen. Als Michael um die Häuser zieht, wird er zwar einmal von einer Steadycam begleitet, sie zeigt aber nicht seine Sicht, denn man sieht ihn in ein Haus eindringen oder einige Meter weiter in der Spiegelung einer Fensterscheibe. Mit einer typischen Egoperspektive hätte man dem Film ein wenig mehr Atmosphäre verleihen können. Stattdessen arbeitet die Kamera mit zahlreichen Zoom Ins, die manchmal so stark ausfallen, dass das Hauptgeschehen aus dem Bildrand fällt. Da Laurie nun scheinbar nicht mehr Michael´s Schwester ist, wird- wie oben erwähnt- seine eigene Motivation nicht deutlich. Weshalb möchte er die einstige Babysitterin umbringen? Weil sie ihm als einziger Mensch damals entwischt ist?
Trotz der gelungenen Darstellungen habe ich auch einen deutlichen Kritikpunkt: als Michael Laurie an ihrer Haustür ermorden will, schießt sie ihm mit einer Schrotflinte den Daumen, Zeigefinger und kleinen Finger der linken Hand weg. Das halte ich momentan für eine Fehlentscheidung. In früheren Teilen wurde nie zu solchen Mitteln gegriffen, sondern Michael stets erschossen oder überfahren. Da er nun definitiv drei Finger weniger hat, bin ich gespannt, was sich die Autoren für eine eventuelle Fortsetzung einfallen lassen. Die Faszination der Figur des gestörten Serienkillers hat seit jeher die scheinbare Unsterblichkeit und das Mysteriöse ausgemacht, was jetzt ein wenig zerstört wird.

Fazit

Ich gebe Halloween 4 von 5 Sternen und empfehle ihn allen Fans des Originals, aber auch Fans der Fortsetzungen. Weshalb? Weil Halloween ganz viele Dinge ganz richtig macht. Natürlich ist der Film ohne Donald Pleasence anders, doch ein kleiner Ersatz wurde mit der Rolle des Dr. Sartain geschaffen. Natürlich kommen auch in einigen Szenen Smartphones oder Popmusik zum Einsatz, denn Haddonfield ist eben mit der Zeit gegangen. Und natürlich hat der Film eine andere Dynamik und Erzählweise wie die gewohnten Teile. Man sollte sich im Vorfeld darüber informieren, dass viele Handlungsstränge der Vergangenheit angehören und muss den Film eben als weitere Möglichkeit im Halloween- Universum ansehen, ohne die großartigen Vorgänger ad acta zu legen. Regisseur David Gordon Green versucht, es allen Fans recht zu machen und streut immer wieder bekannte Elemente ein, so lässt er Michael am Ende von Halloween in Laurie´s brennendem Haus zurück, ähnlich wie der zweite Teil 1981. Selbst die Babysitter- Thematik wird mit Allyson´s Freundin wieder aufgegriffen, wenn auch niemand von deren Tod erfährt.
Diesen sehenswerten Film zu ignorieren, wäre schade, da Jamie Lee Curtis eine sehr gute Performance bietet- der Film wird zu großen Teilen von ihr getragen- wenn die einstige Scream Queen auch leiser geworden ist. Ebenfalls läuft Judy Greer (Karen) zum Finale hin zu Hochtouren auf. Ihre Darstellung der Mrs. Desjardin in Carrie (2013) fand ich alles andere als gelungen, vielleicht, weil das ganze Remake meiner Meinung nach schlecht und unnötig war. Hier verleiht sie ihrer Rolle aber deutlich mehr Farbe, sodass im Zusammenspiel mit Jamie Lee Curtis und Andi Matichak (Allyson) richtige Frauenpower herüberkommt. Den drei Damen zuzuschauen macht einfach Freude!
Der Drehbuchschreiber, Danny McBride, hat bereits laut über eine Fortsetzung gesprochen, was angesichts der etlichen aufgestellten Rekorde nicht verwunderlich ist und auch Jamie Lee Curtis wäre wieder bereit, in ihre Paraderolle zu schlüpfen. Vielleicht erfahren wir dann auch die Motivation hinter Michael Myers´ Taten. Eine Fortsetzung würde ich mir jedenfalls ansehen.

Weitere interessante Links:
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