Apothekerin des Grauens


Kurz nachdem ich auf meinem Blog über eine Allgemeinmedizinerin berichtet hatte, die davon überzeugt war, dass Veganer definitiv mangelernährt sind, ist mir etwas ähnliches in einer Apotheke widerfahren. Ich berichte über Falschaussagen in einer unangemessenen Situation- getätigt von der Apothekerin des Grauens.

Letztens war ich zu einer Untersuchung beim Augenarzt. Dieser hatte mir ein paar Tropfen verschrieben, damit meine Symptome verschwinden, die mich seit einiger Zeit begleitet hatten- alles in allem keine große Sache. Ich ging zur Apotheke meines Vertrauens, um das Rezept einzulösen und stellte schon beim Hereinkommen fest, dass eine neue Apothekerin hinter der Theke stand. Ich überreichte ihr das Rezept nach der Begrüßung und bat sie, die Augentropfen auf tierische Inhaltsstoffe zu überprüfen- für Vegetarier und Veganer ein ganz normaler Vorgang und bisher war das in dieser Apotheke auch nie ein Problem gewesen. Doch diese Mitarbeiterin hatte offenbar ein Problem mit meiner Ernährungsweise, da sie sofort- ohne das Medikament überhaupt überprüft zu haben- ihre verschrobene Weltansicht mit mir teilte:
"Wenn der Arzt Ihnen die Tropfen aufschreibt, dann müssen Sie sie auch nehmen."
Ich fühlte mich rund zwanzig Jahre zurückversetzt, wo man mir als Kind versuchte, die Welt zu erklären. Diese Aussage nehmen viel zu viele Menschen leider allzu ernst und denken, wenn sie mal von ärztlichen Erklärungen abweichen, würde etwas Schlimmes passieren- dabei ging es in meinem Fall um etwas harmloses. Ich erklärte der Apothekerin, welche um die sechzig Jahre alt war, dass ich das sehen werde, wenn ich die Inhaltsstoffe kenne und wenn nötig, eine vegane Alternative wählen werde. Dies veranlasste sie zu folgendem Satz.
"Oh, nicht für jedes herkömmliche Medikament gibt es eine vegane Alternative..."
Ich merkte langsam, dass mein Gegenüber einer vom Mainstream abweichenden Ernährungsweise alles andere als wohlgesinnt war.
"Doch" anwortete ich und atmete seufzend aus. "Würden Sie jetzt bitte nach den Inhaltsstoffen schauen?"
Die Apothekerin tippte auf ihrem Display herum, verschwand kurz hinter einem Regal und kam mit den verschriebenen Tropfen wieder- natürlich nicht, ohne mir weiter von ihren seltsamen Ansichten zu berichten.
"Wenn Sie Beschwerden haben, sollten Sie die Tropfen nehmen. Wenn Sie sie nicht nehmen, müssen Sie mit den Schmerzen leben."
Die unfreiwillige Unterhaltung über die gesündeste Ernährungsform der Welt strengte mich an und ich fragte mich, von welchen Schmerzen sie sprach. Ich erwiderte mit strengem Blick, dass das jeder selbst entscheiden muss, woraufhin die Apothekerin auf ihrem Display endlich die Inhaltsstoffe aufrief und mir mitteilte, dass keine tierischen Stoffe in den Tropfen enthalten waren.

Beim Verlassen des Gebäudes fragte ich mich wirklich, weshalb sie mir minutenlang ihre Ansichten und Meinungen erzählte, wenn das Medikament ohnehin vegan war. Nicht nur, dass solche Aussagen einfach nervig sind, sie stehen ihr gegenüber Kunden auch nicht zu, da eine Apotheke neutral mit ihrer Umwelt umgehen sollte. Das war auch das erste Mal, dass mir so etwas dort widerfahren ist, da die anderen Mitarbeiter immer stets kompetent und für Beratungen offen waren. Mir ist es erst zweimal passiert, dass ein vom Arzt verschriebenes Medikament nicht vegan war, woraufhin mir die Apotheker mehrere Vorschläge für Alternativprodukte machten. Da ich die besagte Frau noch nie dort gesehen hatte und auch im Hintergrund unbekannte Kollegen zu sehen waren, konnte es gut möglich sein, dass die Mitarbeiter gewechselt hatten oder es einen neuen Inhaber gab.
In diesem Fall werde ich die Apotheke wechseln, denn wenn ich mal ein Rezept einlöse (was ohnehin selten geschieht) habe ich keinen Bock, mir irgendwelche persönlichen Meinungen anzuhören und mir Aussagen reinzuziehen, was ich als erwachsener Mensch zu tun und zu lassen habe- bevor überhaupt auf die Zusammensetzung der Medikamente geschaut wird!

Was hätte ich getan, wenn die Tropfen nicht vegan gewesen wären?

Ich hätte sie natürlich nicht gekauft- so einfach ist das! Wenn es wirklich kein veganes konventionelles Medikament gegeben hätte, hätte ich im naturheilkundlichen Bereich gesucht- wir haben derzeit 2018 und leben nicht mehr im Mittelalter, wo Menschen ihre Hähnchenkeulen durch die Gegend schwingen (und selbst im Mittelalter haben sich einige vegan ernährt)! Bei rezeptfreien Tropfen hätte sich die Wirkungsweise und Anwendungsdauer vom konventionellen Produkt unterscheiden können, aber das hätte mir nichts ausgemacht.
Es mag Menschen geben, die sich als Veganer bezeichnen und Honig essen oder Lederschuhe tragen- das muss jeder selbst wissen. Ich gehöre aber nicht dazu und die verschrobene Sichtweise der Apothekerin trägt dazu bei, dass weniger motivierte oder standhafte Personen tatsächlich Medikamente nehmen, die nicht vegan sind- aus Angst, sie würden tot umfallen, wenn sie nicht das machen, was ihnen die scheinbaren Götter in Weiß erzählen.

Unzufrieden mit dem eigenen Ich?

So wie die Apothekerin oder auch die Allgemeinmedizinerin, über die ich im oben verlinkten Artikel berichte, gibt es immer wieder Menschen, denen man als Veganer begegnet, die meinen, ihre Ansichten verbreiten zu müssen. Eigentlich heißt es ja, dass Veganer jedem ihre Meinung aufdrücken würden- in Wahrheit ist es aber andersherum. Wäre die Apothekerin meiner Bitte nach den Inhaltsstoffen gleich gefolgt, hätte sie mir ihre Meinung erspart, zu welcher sie in dieser Situation gar nicht befugt war. Ich überlegte einige Zeit, weshalb sie es doch tat und fand schnell einen möglichen Grund, der leider ein Klischee bestätigt.
Die Apothekerin hatte aufgedunsene Finger und sicher keinen BMI im Normalbereich, ihr gegenüber stand ein junger Veganer, der äußerlich das komplette Gegenteil von ihr war. Natürlich kommt da Frust auf, wenn man feststellt, dass man für seine Entscheidungen selbst verantwortlich ist und sieht, dass andere, die ein wenig auf ihre Ernährung und ihre Umwelt achten, gesünder durch´s Leben gehen. Statt ihre eigene Haltung, von der wahrscheinlich ihre Probleme kommen, zu überdenken, hat sie sich dann einfach über den Veganismus ausgelassen- ist ja auch einfacher, als alte Gewohnheiten abzulegen und nicht im Mainstream- Sumpf mitzuschwimmen.

Fazit

Diese Erfahrung mit der Apothekerin des Grauens hat mir gezeigt, dass einige Menschen noch immer nicht verstanden haben, wie es in der Welt wirklich zugeht und dass es überhaupt nicht schwer ist- selbst wenn man Medikamente benötigt- vegan zu leben. Mit diesem Bericht möchte ich weitere Aufklärung leisten, denn es ist nicht normal, wenn jemand einem seine Meinung aufdrücken möchte!
Jeder ist nun mal für sein Leben selbst verantwortlich.