Erwartungen an Bücher?
Als ich neulich zufällig eine negative Bewertung zu meinem Kurzroman Butler Affairs- Jeder hat ein Geheimnis gelesen habe, war ich sehr überrascht, da die Leserin mit falschen Erwartungen an mein Buch herangegangen und ihre Rezension deshalb natürlich schlecht ausgefallen war. Das animierte mich dazu, diesen Artikel über Erwartungen an Bücher zu formulieren.
Grundsätzlich gilt: Erwartungen kann man an technische Geräte stellen- z.b. an ein Tablet- und dann enttäuscht sein, wenn es weniger Arbeitsspeicher oder eine kürzere Akkulaufzeit hat, als auf der Packung angegeben. Aber man kann, meiner Meinung nach, keine inhaltlichen Erwartungen an ein Buch stellen, da dies ein kreativer Akt ist, in dem sich der Autor auslebt. Das Gleiche gilt übrigens bei Filmen. Man wird vom Autoren oder dem Regisseur ein Stück weit an die Hand genommen und lernt eine andere Welt kennen. Darf man da wirklich Erwartungen stellen?
In meinem konkreten Fall ging die Leserin davon aus, Butler Affairs wäre ein britischer Krimi- das hat mein Kurzroman aber nie von sich behauptet! Ich kann beispielsweise nicht in den Film Titanic (1997) gehen und einen krassen Science- Fiction- Film erwarten. Noch deutlicher gesagt, kann ich kein Stephen King- Buch lesen und mich dann darüber beschweren, dass darin Tiere oder Menschen abgemurkst wurden, weil ich ein zartes Märchen erwartet habe!
Man geht als Leser lediglich mit einer gewissen Vorstellung an ein Buch heran. Beispielsweise lässt sich am Klappentext von Butler Affairs herauslesen, dass es um Intrigen geht und die Geschichte in Irland spielt. Leser können sich also schon einmal vorstellen, dass es um kriminelle oder moralisch verwerfliche Dinge vor einer ruhigen- beinahe romantischen- Naturkulisse gehen könnte. Diese Vorstellung würde mein Buch erfüllen. Würde Butler Nigel- die Erzählfigur- aber z.b. nach dem ersten Kapitel nach Tokio oder Deutschland reisen und dort bleiben, wäre nicht nur einem Teil der Leser- Vorstellung, sondern auch dem Klappentext nicht entsprochen worden. Das ist aber nicht der Fall.
Doch was ist, wenn Leser mit Erwartungen an eine Geschichte herangehen? Sie werden enttäuscht- natürlich! Wenn jedes Buch den Erwartungen der Leser entsprechen würde, gäbe es keine Überraschungen oder inhaltliche Wendungen mehr. Man würde im Prinzip genau wissen, was den Protagonisten als nächstes widerfährt oder die Szenenabläufe in den einzelnen Kapiteln beschreiben können, wenn man nicht einmal in das Buch gesehen hat. Wie langweilig!
Dennoch gibt es einige Erwartungen, die man an ein Buch stellen kann- diese haben aber nichts mit der Handlung an sich zu tun:
- Gewisse Logik innerhalb der Geschichten. Jedes Buch spielt in einer anderen Welt- natürlich gibt es dort eigene Gesetze. Deshalb wäre es unstimmig, wenn ein Zeitreisender, der vorher immer Plutonium genutzt hatte, in der Buchmitte plötzlich mit Blei reisen kann.
- Grobe Fehler. Wenn eine Nebenfigur Jonathan heißt, sollte sie das auch bitte das ganze Buch lang- es sei denn, die Person gibt ihre Identität nur vor. Manchen Autoren passiert der Fehler, dass Figuren mitten im Buch vertauscht werden oder sich plötzlich andere Namen, andere Haarfarben usw. einschleichen.
- Lesen statt nur kosten. Gerade unter gewinnorientierten Selfpublishern ist es (leider) üblich geworden, ein Buch zu verkaufen, das vorgibt, vollständig zu sein. Leser machen aber schnell die Erfahrung, dass die Geschichte an einer seltsamen Stelle endet und finden dann heraus, dass sie bloß eine XXL- Leseprobe vor sich hatten.
Es gibt sicher noch viele weitere Punkte, an die man wirklich Erwartungen stellen kann. Dennoch sollte man stets realistisch (!) an den Buchkauf herangehen- mit groben Vorstellungen- und sollte vor allem nicht enttäuscht sein, wenn der Autor etwas ganz anderes daraus macht. Es ist immerhin sein Buch, in welchem nicht nur Unmengen von Arbeit, sondern auch Herzblut steckt.