Schildkröte gerettet!

Ich sage es auf diesem Blog immer wieder: wer mit offenen Augen durch die Welt läuft, sieht einfach mehr. So habe ich letztens einer Schildkröte das Leben gerettet. Wie es dazu gekommen ist, berichte ich jetzt.

Auf dem Weg nach Hause kam ich an einem Altenheim vorbei, welches von einem hohen Zaun umgeben ist. Da durch den Herbst viele Blätter auf dem Boden lagen, konnte man den Gehweg kaum erkennen. Doch direkt am Zaun traute ich meinen Augen nicht, als ich eine Schildkröte sah. Ich blieb stehen und dachte zuerst an eine Figur, die jemand im Laub platziert hatte. Doch als sie den Kopf in meine Richtung reckte, erschrak ich. Hatte diese Schildkröte, genauer gesagt diese Wasserschildkröte (vermutl. Chrysemys picta spp.), jemand ausgesetzt? Solche grausamen Taten begehen in der Regel herzlose Hunde- und Katzenbesitzer, aber auch Besitzer von (Wasser-) Schildkröten?

Unter diesen Zaunspalt buddelte sich die Schildkröte vermutlich hindurch

Da ich sie nicht alleine umherirren lassen wollte und der Weg von etlichen Radfahrern, Hunden, unachtsamen Menschen und sogar von Mofafahrern genutzt wird, nahm ich sie kurzerhand mit. Doch schnell stellte ich fest, dass ich natürlich nicht über die Kapazitäten für eine artgerechte Haltung verfügte. Die Schildkröte maß rund 20 cm in der Länge, weshalb es sich laut meinen Recherchen um ein Weibchen handelte. Da ich selbst mal eine (Land-) Schildkröte besaß, ahnte ich, dass sie nicht älter als vier bis sechs Jahre sein konnte. Die Farbe des Panzers sowie der Panzer selbst hatten mir gleich gezeigt, dass es sich um eine Wasserschildkröte handeln musste. Auf dem Nachhauseweg, verzog sie sich natürlich darin, da er für sie etwas Stress bedeutete.

Sieht auf dem Bild kleiner aus: Lotte, die ihren Kopf zum ersten Mal herausstreckt

Zuhause angekommen setzte ich sie in die Duschwanne mit sorgsam temperiertem Wasser, wo dieses Foto entstand. Weil ich aufgrund der ungewöhnlichen Situation nichts anderes da hatte, gab ich ihr etwas Salat, der wegen seiner kaum vorhandenen Nährstoffe als Dauerlösung ungeeignet ist (sie hat ihn aufgrund der Aufregung nicht gegessen). Da ich sie keinesfalls behalten konnte (und mehr über ihre artverwandten Landgenossen, als über sie wusste) telefonierte ich einige Stellen ab- nicht zuletzt das Altenheim, an dem ich sie gefunden hatte. Dort wusste man tatsächlich von einer Schildkröte, konnte aber keine näheren Angaben machen, weshalb man mich telefonisch an weitere Stellen verwies.
Am Ende brachte ich sie in einem passenden Transportbehälter zum Seniorenheim, wo die Empfangsdame, mit der ich rund eine Stunde zuvor telefoniert hatte, große Augen machte. Sie ging in ihr Büro und holte einen Bilderrahmen mit Aufnahmen der Schildkröte heraus, die eine Kollegin vor einiger Zeit angefertigt hatte. Daran erkannten wir gleich, dass es die Wasserschildkröte des Altenheims war, was die Mitarbeiterin dazu veranlasste, ihren Chef anzurufen. Dieser kam sofort vorbei und war ebenfalls überrascht, dass ihre Schildkröte einen Ausflug getätigt hatte. Er erklärte, dass sie schon vor seiner Zeit als Leiter im Gartenteich gelebt hatte und er sich freute, dass sie wieder da war, obwohl er ihren Spaziergang nicht bemerkt hatte.

Er zeigte mir den Weg zur Außenanlage, wo einige Mitarbeiterinnen saßen und eine Pause abhielten. Sie sahen meine Transportbox und fragten sofort, ob ich ihre vermisste Schildkröte dabei hätte. Nun war endgültig geklärt, dass es jene aus dem Seniorenheim war, weshalb ich sie am Rand des Teichs absetzte. Sofort eilte sie ins Wasser und tauchte ab. Ich unterhielt mich noch einige Minuten mit den fröhlichen Frauen, die sie bereits gesucht hatten und mir erzählten, dass die Bewohner sie Lotte nannten. Alle waren dankbar, dass ich sie gefunden und zurückgebracht hatte. Als ich mich verabschiedete, blickte ich noch einmal zum Teich: Lotte reckte ihren Kopf aus dem Wasser und sah mich lange an. Man konnte ihre Freude, zurück in ihrem artgerechten Zuhause zu sein, regelrecht spüren!
So schnell werde ich diesen aufregenden Tag sicherlich nicht vergessen, der zeigt, dass man mit ein wenig Eigeninitiative- in dem man hinschaut und nicht wegschaut, ein Tier glücklich machen und vor dem sicheren Tod bewahren kann.