Undankbare Second Hand- Shops oder Nobel geht die Welt zugrunde
Vor einigen Wochen war ich in zwei unterschiedlichen Second Hand- Geschäften, um gebrauchte Kleidungsstücke für ein paar Cent zu verkaufen. Warum ich sie am Ende lieber gespendet habe, statt sie den undankbaren Gebrauchtläden zu geben und weshalb ich die von mir besuchten Shops für Totalausfälle halte, erkläre ich jetzt.
Es gibt immer mehr arme Kinder in Deutschland- und noch viel mehr Erwachsene kämpfen ums Überleben. Second Hand- Läden sind daher eine tolle Alternative zu teuren Geschäften und bieten einkommensschwachen Personen so die Möglichkeit, günstig an Kleidung zu kommen. Auch der Umwelt wird durch den Kauf von gebrauchten statt neuen Dingen sehr geholfen- eigentlich, denn beides kann nur von einem guten Second Hand- Laden erwartet werden. Und gut ist noch lange nicht jeder, wie ich am eigenen Leib erfahren habe...
Erster Second Hand- Shop: Gier macht hässlich
Hin und wieder hat man einfach ein paar Dinge angesammelt, die nicht mehr benötigt werden, weil sie zu alt oder zu selten getragen werden. Ich hatte unter anderem eine Winterjacke aus der Vorjahreskollektion (die eben nur einen Winter getragen wurde), Baumwolldecken (die für die Wintertage zu dünn und generell zu klein waren) und einige andere Dinge. Alle wurden nur sehr wenig getragen und gewaschen, waren also in einem sehr ordentlichen, ja, beinahe neuen Zustand. Als ich in der Stadt einen neuen Second Hand- Shop entdeckte, der damit warb, die Kleidung, die sich bei mir angesammelt hatte, auf Kommissionsbasis anzukaufen, packte ich alles ein und besuchte das Geschäft. Dort drinnen sah es zwar ordentlich aus (da vor der Eröffnung ein wenig renoviert worden war), dennoch fühlte ich mich in dem winzigen Laden, der laut Ladenschild 40 qm groß sein sollte, gleich unwohl- was auch an der Ladeninhaberin lag, die hinter einem viel zu breiten Tresen saß und- wie es in unseren Zeiten leider so üblich ist- auf ihrem Smartphone herumtippte. Während ich näher kam, legte sie ihren ständigen Begleiter aus Glas und Kunststoff zur Seite, sodass ich mit meinem Anliegen vorsprechen konnte.Nachdem ich ihr sagte, was ich alles dabei hatte, wirkte sie interessiert. Ich packte die Sachen aus, legte sie ihr auf die Theke- und wäre am liebsten wieder gegangen. Ihr mittlerweile abschätziger Blick sprach Bände, ihre Augen drückten Ekel aus, ihre Mundwinkel verloren das Gleichgewicht und ihre Hände hätten die gebrauchte Kleidung am liebsten gar nicht angefasst. Dennoch begutachtete sie die Ware, besonders die Etiketten, da sie scheinbar auf große Marken hoffte. Nachdem sie auf ihrem Tresen zwei Stapel bildete, von denen ich noch dachte, dass sie einen nehmen würde, schüttelte sie kräftig ihren Kopf und gab mir die Sachen zurück.
"So etwas kaufe ich nicht an."
Ich wunderte mich und machte sie darauf aufmerksam, dass auf dem Schaufensterschild genau das stand, doch sie war der Meinung, dass die Winterjacke "nicht gehen" würde (mein Besuch dort war drei Wochen nach Herbstanfang) und sie auch die anderen Dinge nicht nehmen würde- ohne weitere Begründung. Nun schüttelte ich den Kopf, da ich mich mit gutem Willen auf den weiten Weg dorthin gemacht hatte und verließ das Geschäft ohne mich zu verabschieden. Vor der Tür ärgerte ich mich bereits, es überhaupt versucht zu haben. Die Inhaberin war mir vom ersten Moment an unsympathisch, wie sie mit gelangweilter Miene und abgestütztem Kopf hinter der Theke gehangen und ihre sozialen Netzwerke gecheckt hatte. Ich war ja noch nicht einmal dazu gekommen, ihr meine (geringe) Preisvorstellung zu nennen, da hatte sie mir mit ihrem Blick bereits deutlich gemacht, dass sie die Kleidung nicht ankaufen wird.
Zweiter Second Hand- Shop: Ankauf nur von hochbetagten Personen
Draußen fragte ich mich weiter nach dem Grund für ihre ablehnende Haltung. Ihr Geschäft war erst vor kurzem eröffnet worden, nur einmal hatte ich eine Kundin darin gesehen und viele Kleidungsstücke befanden sich auch nicht darin. Hatte die Inhaberin dennoch genug Ware, um andere ablehnen zu können? Doch warum hing dann vor dem Geschäft ein großes Schild, mit dem Hinweis, dass sie gebrauchte Kleidung ankaufte? Oder waren es in ihren Augen ganz einfach die falschen Stücke von falschen Marken, weil sie sich eine große Provision erhofft hatte?Ich machte mich auf den Weg zu einem zweiten Second Hand- Shop, der sich schon rund drei Jahre an Ort und Stelle befand und an dem ich sehr oft vorbeigelaufen war. Da er auf dem Rückweg lag, wollte ich dort noch einmal mein Glück versuchen. Dieses Geschäft war viel größer (hier waren es definitiv mehr als vierzig Quadratmeter) und neben dutzenden Kleidungsstangen befanden sich auch gebrauchte Kindermöbel, Spielzeug und weitere Kleinigkeiten. Vor dem Geschäft hatte eine Kundin einen elektrischen Bagger aus ihrem Auto geladen, den sie an der Theke der Inhaberin sogar verkaufte. Ich hatte einen positiven Eindruck von dem Geschäft und wähnte eine gute Chance, auch meine Sachen dort verkaufen zu können- aber hier kam es ebenfalls anders...
Als die Inhaberin den Ankauf des Baggers abgeschlossen und die Kundin zufrieden das Geschäft verlassen hatte, erklärte ich ihr mein Anliegen. Anfangs wirkte sie freundlich und nannte mir ihre Provisionshöhe, die vierzig Prozent betragen sollte, was ich durchaus als fair befand. Ich wollte sie gerade die mitgebrachte Kleidung begutachten lassen, da zeigte sie ihr wahres Gesicht, schüttelte ebenfalls den Kopf und vollführte mit ihrer Hand eine abweisende Geste.
"Ach, Sie haben die Kleidung schon dabei? Nein, das geht nicht. Ich mache das nur mit Termin und muss gleich sagen, dass ich die nächsten drei Monate ausgebucht bin."
Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf, sprachlos verließ ich auch dieses Geschäft und fragte mich sogleich, ob die Ladeninhaberin verrückt gewesen war.
In dem Geschäft war nichts los, keine Kunden weit und breit und sie hatte sich die paar Teile, die ich mitgebracht hatte, nicht einmal ansehen können? Sollte sie wirklich bis ins nächste Jahr ausgebucht sein? Das kann man bei einem Second Hand- Laden nun wirklich nicht glauben!
Meine Devise lautet: Spenden!
Ich entschied mich schließlich dazu, die Kleidungsstücke für einen guten Zweck zu spenden. So hatte ich zwar kein kleines Taschengeld erhalten, doch das war mir egal, da mir bewusst wurde, dass bedürftige Familien ohnehin keine Unterstützung erhalten- wie ich es am Beispiel der beiden Second Hand- Shops ja selbst gesehen hatte. Den Inhaberinnen ging es keineswegs um den guten Zweck, armen Menschen für wenig Geld Kleidung zu verkaufen oder gar die Umwelt zu retten- sondern einzig und allein um ihren Profit! Bei der ersten Dame war das eindeutig, da sie sich meine mitgebrachten Teile ganz genau angesehen und vor allem die Etiketten untersucht hatte. Die zweite Dame wird wohl einfach keinen Bock gehabt haben, um sich die Mühe zu machen, mal einen Blick in meine Tasche zu werfen. Warum? Wahrscheinlich, weil ich mit meinem jungen Alter und meinem Aussehen nicht in ihr klischeebeladenes Bild ihrer anderen Kunden passte, die alle einen dicken Panzer mit manipulierten Abgaswerten fahren, Designerkleidung tragen und ein, zwei Kinder hinter sich herziehen. Sie wusste einfach, dass ich normale Kleidung verkaufen wollte, die für sie wohl nichts besonderes war.Doch für einkommensschwache oder arme Menschen ist sie genau das! Diese machen sich nichts daraus, dass ein T- Shirt keine zweihundert Euro und meine Winterjacke keine fünfhundert Euro gekostet hat- sie wären froh gewesen, überhaupt etwas zum Anziehen zu haben- gerade jetzt im Herbst, wo es immer kühler wird. Vielleicht war den Verkäuferinnen auch einfach ihr eigener Stolz im Weg, ihnen gab es halt einen Kick, nicht auf jeden Kunden angewiesen zu sein, sondern Kleidung einfach mal abzuweisen und sich den Tag ein bisschen relaxter zu gestalten- vorzugsweise mit hochtrabenden Facebook- Unterhaltungen. Gerne sage ich an dieser Stelle, dass ich mir für die Kleidungsstücke zwanzig Euro erhofft hätte- wenn ich denn überhaupt zu Wort gekommen wäre- für alles zusammen natürlich. Hier hätten die Ladeninhaberinnen noch einen Gewinn herausschlagen können. Und selbst dieser geringe Preis wäre verhandelbar gewesen, da ich die übrigen Konditionen selbstverständlich nicht kannte. Ich betone noch einmal, dass beide Geschäfte während meines Besuches leer waren, beide Läden wurden von ihren Inhaberinnen geführt, es gab keine Angestellten (da es dort eben nichts zu tun gab) und die Regale waren auch nicht so überfüllt, dass man keinen Platz mehr für neue Ware gehabt hätte.
Nein, denn die beiden Damen wollten ganz einfach nicht.
Fazit
Ich finde es überaus traurig und sogar menschenverachtend, wie man in Second Hand- Shops mit potentiellen Verkäufern- und erst den Kunden umgeht. Die von mir besuchten Läden haben ihr eigenes Geschäftsprinzip nicht verstanden, da es nicht darum geht, aus ohnehin überteuerter Markenkleidung, an denen am besten noch das originale Preisschild klebt, fett Kohle zu scheffeln, sondern darum, Menschen in Not zu helfen. Dazu gehört es auch, Kleidungsstücke anzunehmen, die im Originalpreis vielleicht nur achtzig Euro gekostet haben und in örtlichen Geschäften gekauft wurden. Mal ehrlich, wo denn auch sonst?Ich lebe nicht gerade in einer Megametropole wie Düsseldorf, Berlin oder New York, wo man an reihenweisen Boutiquen vorbeistolpert, sondern in einer ganz normalen Stadt, die bis an ihre Grenzen überschuldet ist, in der zum größten Teil nur arme Bürger leben und eben einige Geschäfte, die Kleidung zu Preisen verkaufen, die sich die Einwohner auch leisten können. Wer denkt, mit einem Second Hand- Shop das große Geschäft machen zu können, sollte die Läden dann auch gefälligst in München, Paris oder in den arabischen Emiraten eröffnen, wo man eine entsprechende Miete zahlen muss.
Wenn ich mal wieder ein Kleidungsstück übrig habe, meide ich den Weg zu den Gebrauchtläden und spende sie direkt. So wird zumindest sichergestellt, dass der karitative Zweck im Vordergrund steht- und nicht die gierigen Profiteinnahmen gelangweilter Ladeninhaberinnen.
Hinweis: Es mag auch Second Hand- Shops geben, die keine Totalausfälle wie die hier beschriebenen sind. Dort geben die Verantwortlichen dann wirklich alles, um ihre Verkäufer und Kunden zufrieden zu stellen. Bei meinen besuchten war dies aber nicht der Fall.