"Sturm der Liebe": Langeweile in den Karpaten

Die Macher von Sturm der Liebe hatten einen aufwendigen Dreh versprochen, der zum einen aufgrund des Überlebenskampfes von Eva und Christoph spannend werden sollte, andererseits, weil man weiter auf die Gefühle des Geschäftsmannes eingehen wollte. Doch das Ganze hatte sich leider zu einer Farce entwickelt...

Als Fans von Sturm der Liebe sind wir einiges gewohnt: Entführungen, Mord und Totschlag, aber auch die titelgebenden stürmischen Gefühle und Aktionen. Das alles lieben wir an der Telenovela, die bewusst ein modernes Märchen sein will. Kritik gibt es dennoch, denn viele Fans sind enttäuscht von der groß angekündigten Karpaten- Story, die eigentlich vielversprechend hätte werden können. Aber was genau hatte mir und den anderen Zuschauern lediglich ein müdes Gähnen abgerungen?

Modernes Märchen= moderne Umsetzung?

Die Telenovela rund um das Hotel Fürstenhof im fiktiven bayerischen Ort Bichlheim folgt gewissen Regeln, worauf man sich stets verlassen kann. Im Vergleich zu den alten Folgen, die derzeit parallel auf One ausgestrahlt werden, kann man bereits erkennen, dass Sturm der Liebe moderner und weltoffener geworden ist (beispielsweise mit der Hochzeit von Boris und Tobias). Kaum noch spielen die Geschichten in dem Freistaat, der allgemein als konservativ und öde gilt, sondern international, wie man anhand von Australien in Staffel 13 und der Einführung von Ragnar Sirgurdson, einem deutschen Island- Auswanderer, zuletzt sehen konnte. So verschlägt es in der aktuellen Story Eva und Christoph mit dem Flugzeug statt in die bayerische Prärie nach Rumänien. Doch während die eine zu einer Buchpräsentation und der andere zu einem erfundenen Geschäftstermin muss, stürzen beide samt Nick Bergmann, einem Piloten unter Drogeneinfluss, über den Karpaten (zwischen Slowakei und Polen) ab. Schon die erste Szene des Abenteuers am Ende der Folge 3134 wollte anders sein, als die üblichen Aufnahmen, fuhr die Kamera doch langsam über Wrackteile des Flugzeugs, während der Pop- Song Welcome to the Jungle von Tomee Profitt einsetzte und Eva´s Smartphone klingelte. Doch bereits hier wurde meiner Meinung nach inszenatorisch nicht einhundert Prozent gegeben, denn das Smartphone war gar nicht zu sehen, stattdessen wurden ein paar Wölfe eingeblendet, die eine drohende Gefahr signalisierten. Diese Szene machte zwar neugierig auf mehr, wirkte jedoch auch abschreckend, weil man offenbar eine zu moderne Umsetzung verfolgte, wie es bei Daily Soaps aus dem Privatfernsehen der Fall ist.

Maske? Fail!

Schon in der nächsten Folge, 3135, ging es weiter, denn darin erwachte Christoph im Schnee, der sich um die verletzte Eva kümmerte. Hier wurde auf das übliche Klischee zurückgegriffen, denn wer sich in der Serienlandschaft auskennt, weiß, dass es oftmals die Frauen sind, die sich einen Fuß brechen oder umknicken und damit wehrlos gezeigt werden. Sturm der Liebe hätte einen anderen Weg einschlagen und den harten Geschäftsmann an einer schweren Verletzung leiden lassen können. Abgesehen von der schauspielerischen Leistung in dieser Ausnahmesituation konnte man sich einfach nicht auf die Geschichte konzentrieren, denn die Maske fiel mit ein wenig aufgetupfter schwarzer Farbe und etwas Kunstblut einfach nicht realistisch aus. Dieter Bach und Uta Kargel sahen optisch aus, als würden sie bei einer DRK- Übung die Verletzten mimen und nicht die Überlebenden eines Flugzeugabsturzes darstellen. Lediglich in den letzten Folgen wurden beide realistischer geschminkt. Ihre Jacken wurden ein wenig angeschnitten und die Füllung bei Christoph wurde etwas herausgezupft, aber es wirkte einfach nicht real, was leider die ganzen drei Wochen, die uns dieses Drama begleitete, anhielt.

Vertreibung oder Dance Move?

Nervig waren besonders die vielen Einblendungen des Flusses, von dem wohl kaum ein Zuschauer, der nicht geografisch bewandert ist, wusste, welchen dieser überhaupt darstellen sollte. Außer einer Fischfang- Szene und der Einblendung des Bären fand darin auch nichts statt, weswegen es keinen Sinn ergab, in jeder Folge dutzende Male mit der Kamera darüber zu fliegen. Schmunzeln musste ich sogar, als Eva und Christoph auf dem Weg zu einer Hütte wie zwei Neunzigjährige durch den Schnee humpelten, was wenig glaubwürdig wirkte. Auch Christoph´s Vertreibungsaktion gegen die wilden Wölfe erinnerte eher an Michael Jackson´s Dance Move aus Thriller und rang mir nur ein beschämtes Lachen ab. Natürlich wurde in dieser Szene- wie beabsichtigt- deutlich, dass sich Christoph Saalfeld trotz des Flugzeugabsturzes noch immer wie das größte Tier im Revier fühlte, aber diese Passage hätte man auch um einiges verkürzen können.
Das hätte man besser auch an anderen Stellen getan, denn mehr als einmal wurden die Wölfe und die Darsteller in Zeitlupe gezeigt, was irgendwann nur noch langatmig war. Bei ersterem sah man durch eine völlig andere verwendete Kamera, dass diese Szenen separat gedreht und einfach nur zwischendrin eingeblendet wurden (wie beispielsweise die Baby Luna- Szenen). Hier hätte man vielleicht ein wenig Kontrast herausnehmen können, um sie optisch an die Szenen der Telenovela anzupassen.

Das Homevideo, der tote Fisch und die Dauerschleife

Als Eva und Christoph eine alte Hütte entdeckten, die in mir gleich Assoziationen an die Romantikhütten des Fürstenhofs weckte, stach einem die nächste Requisite ins Auge: Eva´s Decke, die einfach mit einer Stoffschere zerschnitten wurde- was man genau erkennen konnte und ebenfalls nicht zum bedrohlichen Feeling beitrug. Generell ging es in den Karpaten ständig um Eva, die an ihre Familie dachte und sogar zweimal von Valentina träumte. Christoph dagegen bekam die üblichen Sätze der Reue in den Mund gelegt, glaubhaft wirkten sie jedoch nicht, da er bei der ersten Aufzählung seiner Fehler seine unerträgliche Homophobie Boris gegenüber ausgelassen hatte. Lediglich die Wandlung des korrupten Geschäftsmannes zum Überlebenskämpfer wurde realistisch gezeigt, denn die Rolle des Christoph wirkte ohnehin stets wie ein wildes Tier, welches auf Futtersuche war. So glaubte er, mit seinem Gebrüll und Gehampel- größenwahnsinnig wie er ist- das Rudel Wölfe verscheuchen zu können und nahm es auch mit den Fischen aus dem Fluss auf, wobei die Macher später einen realen toten Fisch zeigten, den die Darsteller verspeisten. Diese eklige Szene hätte man definitiv aussparen können und rief einige Tierschützer auf den Plan, wie schon beim Pferd des Westernturniers 2018, dessen Reiterin die Zügel hin- und herriss. Sie monierten auch ganz allgemein das Klischee der wilden, auf Menschenjagd befindlichen Tiere, weil das viele Zuschauer für die Realität halten und sich für das Abschießen und die Ausrottung dieser einsetzen.
Wer den Trailer zur Karpaten- Story sah, wartete relativ lange auf den Bären, dessen Pfote bereits im Trailer nach billigem CGI anmutete. In den letzten Folgen wurde er dann tatsächlich gezeigt- allerdings wurden die Naturaufnahmen und die Verfolgungsjagd derart ungünstig zusammengeschnitten, dass es wie ein Homevideo aus dem Internet wirkte- Greenscreen- Ränder inklusive. Spätestens über diese Szene hatten sich dann auch die Hardcore- Fans von Eva und Christoph beschwert und ihrem Ärger über die sozialen Netzwerke und der Sturm der Liebe- Seite Luft gemacht. Ein Seufzen entlockte mir darüber hinaus die in Dauerschleife verwendete Filmmusik aus Fluch der Karibik und The last Samurai, die mich an alte Winnetou- Filme erinnerte, übertrieben dramatisch wirkte und selbst bei der Rettung noch einige Male gespielt wurde. Durch ihren Einsatz in jeder einzelnen Szene hatte man sie einfach nur noch satt.

Nach drei Wochen, die laut Valentina bloß eine Woche waren, wurden die vermissten Hoteleigentümer gefunden. Scheinbar mit einem Turbojet machten sich Robert, Joshua und Denise in die Karpaten auf, denn die Rettung der Vermissten geschah innerhalb weniger Minuten. Hier hätte man wenigstens eine Folge verstreichen lassen können, in dem man den Suchtrupp bei der Arbeit zeigt. Robert hatte sich bis dahin übrigens noch immer nicht für seine Vorwürfe seinem Sohn gegenüber entschuldigt. So schnell die Familien wieder zusammengeführt worden waren, so schnell waren sie auch wieder im heimischen Fürstenhof, was uns in Folge 3148 drei Tage lang ein Wiedersehen mit Boris bescherte, der leider ohne seinen Ehemann gezeigt wurde. Dieses Mal wurde jedoch mit ... einige Zeit später ein kleiner Zeitsprung eingebaut, der mehrere Tage Krankenhausaufenthalt in Rumänien vorspulte. Dass der Absturz etwas mit Christoph gemacht hatte, war in dieser Folge deutlich zu erkennen, ob er jedoch wirklich- wie angekündigt- seinen kompletten Besitz verkauft und nicht schon in ein paar Wochen wieder die nächsten Intrigen spinnt, bleibt abzuwarten.

Was sonst noch geschah

Abseits der langweiligen Karpaten- Geschichte drehte Natascha durch, als endlich gelüftet wurde, dass ihr Pflegekind Felicitas eigentlich Luna ist. War sie selbst so egoistisch, bis zum Schluss an dem fremden Baby festzuhalten, zeigte wenigstens ihr spät eingeweihter Mann, Michael Niederbühl, ein Gewissen und lieferte Luna ihrem rechtmäßigen Vater aus. Dies aber eher zufällig, weil sich beide auf der Landstraße begegnet waren und Paul so nichtsahnend wirkte. Später nahm er Luna allerdings wieder zu sich, weil sich deren leiblichen Eltern wie zwei Kinder zankten.
Annabell ging Joshua nach dem (inszenatorisch gut gefilmten) Axtwurf aus dem Weg, nur gelegentlich sprach sie Drohungen gegen Robert´s Sohn aus und machte ihn auch für den Absturz ihres (angeblichen) Vaters verantwortlich. Die meiste Zeit über intrigierte sie gegen ihre Schwester, die sich mit dem singenden Henry von dem Schicksalsschlag abzulenken versuchte. Denise´ Trauer wurde jedoch immer nur angedeutet und war nicht so intensiv, wie Robert´s oder Valentina´s. Selbst Alfons, Bruder von Eva´s lange nicht mehr gezeigtem Vater Gustl, ging die Ungewissheit über ihren Verbleib näher, als es bei Denise über Christoph´s Schicksal den Anschein hatte. Joshua wurde lediglich kurz von Schuldgefühlen geplagt, die dann einem verpatzten Liebesgeständnis in der Lobby und den Tagträumereien auf der Almwiese wichen.
Tina musste sich indes kurze Zeit von ihrem x-ten Freund, Ragnar, verabschieden, der zur Rettung seines Unternehmens zurück nach Island geflogen war, aber wenigstens hin und wieder anrief oder ein Paket mit wärmender Kleidung schickte, die bei ihr allerdings nicht gut ankam.
Während Valentina um ihre Ersatzmutter trauerte, kümmerte sich Fabien in ihren gemeinsamen Szenen liebevoll um seine Freundin und ermutigte sie, an die übernatürliche Kraft der Liebe zu glauben. Dazu wurde Miriam´s Feder gezeigt, die auf der Terrasse durch die Luft schwebte.
Mit den schlitzohrigen Brüdern, Werner und André, die vor dem Westflügel über ihre kriminellen Machenschaften im Bezug auf Xenia´s Anteile stritten, gab es wieder eine Erpressung, da Annabell die Auseinandersetzung mitbekam und zur Sicherung ihrer Zukunft nutzte. Hier wurde Denise mal mit wachem Gemüt gezeigt, denn bei der Eigentümerversammlung stimmte sie gegen ihre intrigante Schwester, die sie später in der Lobby als angeblich uneheliches Kind bloßstellte. Unterbrochen wurden diese Szenen immer wieder vom Drama in den Karpaten, welches eher ein Lied von Langeweile und Eis war.

Fazit

Trotz der Kritik möchte ich die beiden Darsteller sowie das Team loben, die tagelang im Schnee und bei eisigen Temperaturen gedreht hatten, um uns zu unterhalten. So wurde berichtet, dass Uta Kargel Wärmewäsche und Dieter Bach einen Neoprenanzug trug. Sicher war der Dreh bei der Kälte für alle Beteiligten belastend, aber leider konnte die Karpaten- Geschichte 2019 weder mich noch andere Zuschauer überzeugen, weswegen sich diese sogar noch vor dem Westernturnier 2018 einreihen kann. Es bleibt zu hoffen, dass Sturm der Liebe in den mittlerweile bestätigten zwei kommenden Staffeln mit neuen Sonderdrehs wieder mehr zu überzeugen weiß und dafür keine realen Tiere einsetzt.

Weiterführende Informationen zum Karpaten- Dreh:
wunschliste.de-  Todeskampf in den Karpaten bei "Sturm der Liebe"
https://www.bavaria-film.de/newsroom/sturm-der-liebe-karpaten

Mehr Beiträge zu Sturm der Liebe:
"Sturm der Liebe": Meinung zur vierzehnten Staffel
"Sturm der Liebe"- Staffel 15: Kein schwules Traumpaar
"Sturm der Liebe": Bye, Bye, Charlotte!
"Sturm der Liebe": Weiterer Ausstieg in 2018